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Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ)

 



Wo einst die Welfen wohnten

Der Bauherr ließ sich nicht lumpen: In seinem neugotischen Schloss ließ er eine Bibliothek und eine Kapelle einrichten, eine Jagdhalle und ein Rosenholzzimmer. Für den Bau im österreichischen Gmunden ließ er Marmor aus Ebensee, grünen Sandstein aus Regensburg und Granit aus Schärding heranschaffen: „Die prachtvollen Gesteinsarten sind mit viel Geschick und wirklicher Munifizenz verwendet", schwärmte damals ein Architekturkritiker.
Die Welfen hatten 1866, nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen, ins österreichische Exil gehen müssen. Auch deshalb legte Hannovers letzter Kronprinz Ernst August (1845-1923) gesteigerten Wert auf eine Bleibe, die seinen königlichen Rang erkennen ließ. Und so ließ sich der Welfenchef, der den Titel Herzog von Cumberland führte, vom hannoverschen Architekten Ferdinand Schorbach um 1886 im Salzkammergut das repräsentative Schloss Cumberland bauen - ein gediegen eingerichtetes Anwesen, das entfernt an die heimische Marienburg erinnerte.
Der Historiker Heinz Schießer erzählt in seinem kenntnisreich geschriebenen Buch „Die Welfen am Traunsee -130 Jahre Schloss Cumberland“ jetzt von diesem Kapitel hannoverscher Geschichte. Verleger Heinrich Prinz von Hannover hat für den reich illustrierten Band zahlreiche bislang unbekannte Fotos aus seinem Archiv beigesteuert - Bilder, nach denen sich die Paparazzi des 19. Jahrhunderts die Finger geleckt hätten. Denn das idyllisch gelegene Gmunden wurde bald zur Kulisse glanzvoller Feste und Familienfeiern. Europas Hochadel gab sich auf Schloss Cumberland die Klinke in die Hand; Kaiser Franz Joseph höchstselbst schaute hier vorbei.
Der Herzog von Cumberland, der nie auf Hannovers Thron verzichtete, ehelichte Thyra Prinzessin von Dänemark - eine Frau, von der Queen Victoria spitz bemerkte, sie habe zwar hübsche Augen, aber einen grässlichen Mund. Auf dem Schloss verwahrten die Welfen Schätze wie Hannovers Königskrone und eine umfangreiche Münz- und Medaillensammlung. Die welfischen Exilanten und ihr Hofstaat wurden für Gmunden ein wichtiger Wirtschaftsfaktor; sie waren großzügige Mäzene, potente Arbeitgeber und zogen welfentreue Touristen aus Hannover an. Bis heute gibt es in Gmunden eine Georg- und eine Welfenstraße. Entsprechend groß war dort die Trauer, als die Welfen 1933 nach Blankenburg am Harz umzogen. Das Schloss wurde zeitweise zur NS-Gauschulungsburg, 1956 verkauften die Welfen es endgültig. Heute unterhält das Land Oberösterreich dort ein Pflegeheim.

 


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