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Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ)

Weltgewandt und königstreu


Eine Biografie erzählt von Bernhard Hausmann - einem der schillerndsten Bürger der Stadt
Er konnte gerade noch rechtzeitig eingreifen: Bernhard Hausmann, Spross einer der angesehensten Kaufmannsfamilien Hannovers, sah 1811 im Vorbeigehen, wie ein Trödler gerade ein altes Gemälde zu Kleinholz für den Ofen verarbeiten wollte. Er kaufte ihm das Kunstwerk ab, das sich als Altarflügel aus der Calenberger Schlosskapelle entpuppte - und bald sammelte er im großen Stil Kunst, Gemälde, Dürer-Werke, Handzeichnungen alter Meister: Hausmann wurde neben August Kestner der bedeutendste Sammler der Stadt. Hausmann (1784-1873) residierte mit seiner Familie in einem stattlichen Haus in der Burgstraße, wo heute der Eingang zum Historischen Museum ist. Für seine Kunstsammlung ließ er das Gebäude eigens um eine Etage aufstocken. Seit 1833 war die Kollektion für Besucher zugänglich. Der Fabrikant wurde zum Begründer des heutigen Kunstvereins. Auch politisch engagierte er sich, als Bürgervorsteher und in der Ständeversammlung. Hausmann verschränkte so das Wirken in öffentlichen Ämtern und im Wirtschaftsleben mit einem hohen Maß an Kunstsinn. Eine Bürgerexistenz wie aus dem Bilderbuch. Joachim Petersen, selbst ein Nachkomme Hausmanns, zeichnet in seiner Biografie "Bernhard Hausmann - Bürger - Fabrikant - Kunstsammler die Vita seines illustren Ahnen nach. Dieser unternahm immer wieder Bildungsreisen nach Italien oder in die Schweiz, verkehrte mit Ludwig Tieck oder Carl Maria von Weber und konzertierte gerne auf der eigenen Stradivari. Zur Goldenen Hochzeit schickte ihm Ernst Moritz Arndt ein persönliches Gedicht. Detailliert beschreibt Biograf Petersen, wie Hannovers aufgeklärt-konservatives Bürgertum jener Zeit es verstand, Bodenständigkeit und Weltgewandtheit zu verbinden. Die Hausmanns erscheinen dabei wie eine Leinewasservariante der Buddenbrooks, als Repräsentanten eines hannoverschen Unternehmertums, das sich dem Allgemeinwohl verpflichtet fühlte, ähnlich wie später die Familien Seligmann oder Sprengel. Zugleich erzählt das Buch ein Stück Stadtgeschichte: Hausmann hatte in seiner Manufaktur zwar Mützen für Napoleons Soldaten produziert, doch er selbst notierte, wie beim großen Sieg über die französischen Besatzer 1813 in den Kirchen das Tedeum gesungen wurde, ehe man die Stadt feierlich illuminierte: "Der Jubel war unbeschreiblich." Von der Franzosenzeit bis zu Bismarcks Reichsgründung blieb Hausmann ein beredter Zeuge seines Jahrhunderts. Eine Lebensaufgabe fand er selbst im Eisenbahnbau. Begeistert von allen industriellen Innovationen, wurde er zeitweilig sogar Vizepräsident der hannoverschen Eisenbahndirektion. Er reiste nach London und bestellte dort Tausende Tonnen Schienenstahl und mehrere Lokomotiven, er rekrutierte Fahrkartenverkäufer und Schaffner für den Zugbetrieb. Am 19. Mai 1844 schließlich konnte er in einem mit Fahnen und Girlanden geschmückten Zug die neue Linie nacvh Braunschweig befahren. Später brachte einem Freund in Berlin Weißbrot vorbei, das morgens in Hannover frisch gebacken worden war - Hausmann genoss diese Segnungen einer frühen Globalisierung so, wie er die Betrachtung eines Kunstwerkes genoss. Politisch hingegen waren ihm fortschrittlicher Liberalismus oder gar Revoluzzertum zuwider. Im Verfassungsstreit mit König Ernst August, der 1837 das Grundgesetz aufheben ließ, legte sich Hausmann zwar ein wenig mit dem erzkonservativen Monarchen an, der seiner Manufaktur darauf prompt die Hofaufträge entzog. Doch im Grunde blieb er zeitlebens königstreu. Einen Teil seiner Kunstsammlung verkaufte er an Ernst Augusts Nachfolger Georg V., viele Gemälde finden sich heute in der Landesgalerie. Und nachdem sich die Preußen 1866 das Königreich Hannover einverleibt hatten, ging der hochbetagte Hausmann zeitweise nicht mehr ins Theater. Er konnte es nicht ertragen, "die königliche Loge von preußischen Machthabern besetzt zu sehen". In dieser Hinsicht dachte der weltgewandte Hausmann sehr hannoversch.

 


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