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Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN) Potsdam

 


Leopoldine von Brandenburg-Schwedt - Schicksal einer Markgräfin am preußischen Hof

Die wenigen Gäste, die sich am Donnerstag dem 22.6.2013 in der Gewölbehalle des Kutschstalls im HBPG einfinden, können in diesem kühlen Gemäuer nicht nur gut anderthalb Stunden der brütenden Hitze entfliehen. Zudem werden sie dort auch noch überrascht: Eine Lesung aus den 2012 erschienenen Biografien über Leopoldine von Brandenburg-Schwedt von Renate du Vinage sowie über Kurfürstin Dorothea von Brandenburg von Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode steht auf dem Programm. Doch erlebt man stattdessen einen Vortrag. Denn da Renate du Vinage plötzlich erkrankt ist und absagen musste, macht von Wintzingerode aus der Not eine Tugend und übernimmt den Part seiner Kollegin kurzerhand mit. So erzählt der Historiker von beiden Büchern. Und indem er noch die gesamte hohenzollernsche Nebenlinie Brandenburg-Schwedt erklärt, als deren Stamm-Mutter Kurfürstin Dorothea gilt, um irgendwann auch beim Markgrafen Friedrich Heinrich, dem Ehemann von Leopoldine von Anhalt-Dessau anzukommen, spannt er den Bogen dabei gleich ein ganzes Stück weiter.

Verständlich, dass von Wintzingerode in seiner Biografie über Dorothea viel tut, um die zweite Ehefrau des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg in ein besseres Licht zu rücken. Denn seit den Memoiren des Barons von Pöllnitz gilt Dorothea als eine nur an ihre Hausmacht denkende Kurfürstin, die überdies ihren Stiefsöhnen nach dem Leben trachtet. Für von Wintzingerode, der drauf hinweist, dass die Quellenlage ein ganz anderes Verhältnis zwischen Dorothea und ihren Stiefkindern zeigt, ist deshalb das Bild Dorotheas als "böse Giftmischerin" schlichtweg nicht haltbar. Dagegen beschreibt er in seinem Buch eine Frau, die Kirchen stiftete, Schlösser bauen ließ, in Berlin einen später nach ihr benannten Stadtteil gründete oder in Schwedt französische Glaubensflüchtlinge ansiedelte. Auch wird Dorothea immer wieder als große Ökonomin gerühmt. Und nicht zuletzt als Frau beschrieben, die ihren Ehemann, Friedrich Wilhelm, eine liebevolle kluge Partnerin war, mit der er alle seine Pläne erörterte und die ihn sogar auf all seinen Feldzügen und zahlreichen Jagdausflügen begleitete. Nicht von ungefähr also hat von Wintzingerode seiner Dorothea-Biografie den etwas reißerischen Titel "Die märkische Amazone" gegeben.

Das "Schicksal einer Markgräfin am Preußischen Hof" lautet hingegen der Untertitel der sehr lesenswerten Biografie über Leopoldine von Brandenburg-Schwedt, worin Renate du Vinage, anders als von Wintzingerode, in etwa das Gegenteil einer glücklichen Ehe beschreibt. Leopoldine, eine Tochter Fürst Leopolds I. von Anhalt-Dessau, des legendären "Alten Dessauers", hatte 1739 den Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt geheiratet. Doch war sie an einen Mann geraten, der im Ruf eines Schürzenjägers stand, beim Militär als erbärmlicher Feigling galt und überdies beim König in Ungnade gefallen war, da er bei diesem nicht persönlich und rechtzeitig um die Einwilligung zur Heirat gebeten hatte. Lange war dieser Ehe demnach kein Glück beschieden, bald verschlechterte sie sich so sehr, dass schließlich Friedrich der Große selbst, auf Drängen des Ehemanns und aus machtpolitischen Gründen, für eine Trennung auf Lebenszeit sorgte und Leopoldine in die Festungsstadt Kolberg verbannte, die sie bis zu ihrem Tod 1782 nicht mehr verlassen durfte. Insgesamt siebzehn Aktenordner aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin hat Renate du Vinage ausgewertet, um das Schicksal dieser fast vergessenen Frau nacherzählen zu können.

 


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