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Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ)

 


Die MÄRKISCHE AMAZONE
Die Nachwelt hat sie als böse Stiefmutter und sogar als Giftmischerin diffamiert. Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode zeichnet in seiner Biografie jetzt ein viel freundlicheres Bild von Kurfürstin Dorothea von Brandenburg (1636-1689), die zunächst mit Herzog Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg verheiratet war und nach dessen Tod den Großen Kurfürsten ehelichte. Dem Kammerjunker und Reisemarschall Dietrich Siegismund von Buch (1646-1686), der ein eifriger Tagebuchschreiber war, sind eine Reihe von Zeugnissen zu verdanken, die ein helles Licht auf den Charakter der Kurfürstin und ihre Ehe mit Friedrich Wilhelm von Brandenburg werfen. Grundsätzlich war die zweite Frau seines Herrn für den Kammerjunker eine der edelmütigsten Frauen der Welt, reich begabt mit Güte, Frömmigkeit und allen anderen Tugenden. (...) Er überliefert auch Züge, in denen sich die Lebenstüchtigkeit und Robustheit Dorotheas widerspiegeln. Als 1675 auf dem Weg von Kassel nach Kleve eine Brücke unter der Last der kurfürstlichen Kalesche zusammenbrach, sprang die im sechsten Monat Schwangere mit großer Leichtigkeit aus dem Wagen und bemühte sich um die Rettung des gichtkranken Kurfürsten, der in einem Fußsack aus Wolfspelz feststeckte und sich nicht rühren konnte. Als der Zwischenfall glücklich überstanden war, stieg Dorothea unberührt wieder in den Wagen und man fuhr weiter, nur der Kutscher zankte mit dem Kurfürsten, und sagte: "Das kömmt davon her, weil wir heute keine Predigt gehört haben."

 


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